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IKKE

Inklusive Küche 4.0 – Bildungs- und Barrierefreiheit durch Digitalisierungsinstrumente in der beruflichen Ausbildung

Ausgangslage

Die Inklusionsdebatte in der Berufsausbildung wird spätestens seit der Ratifizierung der UN-BRK forciert. Artikel 24 (Bildung) und Artikel 27 (Arbeit und Beschäftigung) der Konvention beziehen sich dabei explizit auf den Kontext Berufsausbildung (Enggruber & Rützel, 2014). Die Vertragsstaaten erkennen mit Artikel 24 das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung an. Sie verpflichten sich dazu, ein „integratives Bildungssystem auf allen Ebenen und lebenslanges Lernen“ zu gewährleisten (UN-BRK, 2017, S. 20). Mit Artikel 27 wird das „gleiche Recht von Menschen mit Behinderungen auf Arbeit“ in den Mittelpunkt gestellt (UN-BRK, 2017, S. 24). Begleitend hierzu entstanden Aktionspläne, Beschlüsse, Empfehlungen, Initiativen und Stellungnahmen für den Ausbildungs- und Beschäftigungsbereich (Enggruber & Rützel, 2014). Für die duale Berufsausbildung bilden das Berufsbildungsgesetz (BBiG) und die Handwerksordnung (HwO) den rechtlichen Rahmen für die Inklusion von Menschen mit Behinderung (Bylinski & Vollmer, 2015). Im BBiG und in der HwO ist festgeschrieben, dass Menschen mit Behinderungen in anerkannten Ausbildungsberufen ausgebildet werden sollen (Bylinski & Vollmer, 2015). “Inklusive Berufsausbildung ließe sich weitergehend als das Recht von Menschen mit Behinderung auf eine Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf beschreiben, die in den Lernorten gemeinsam mit Menschen ohne Behinderung zu gestalten ist.” (Euler & Severing, 2016, S. 29).

Projektverlauf

Das Bundesprojekt „IKKE – Bildungs- und Barrierefreiheit durch Digitalisierungsinstrumente in der beruflichen Ausbildung“ (FKZ 01PE18007) wurde im Rahmen des Programms „Digitale Medien in der beruflichen Bildung“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Europäischen Sozialfond (ESF) für den Zeitraum 01.08.2018 bis 31.12.2021 gefördert.

Im Austausch über eigene Erfahrungen zu Teilhabe in der Berufsausbildung und den starren Strukturen des Bildungssystems, das sich durch getrenntes Lernen bis hin zur eindeutigen Separierung von Menschen mit Behinderung auszeichnet, ergab sich der dringende Wunsch nach Veränderung. Bisher findet die Ausbildung und das Lernen der Zielgruppen bei den Projektpartnern getrennt statt, in Werkstätten für behinderte Menschen und in separaten Ausbildungssystemen. Unternehmen verfügen nicht über die notwendigen Kapazitäten für die Assistenz und Einzelförderung von Menschen mit Beeinträchtigung oder Behinderung. Hinzukommen behindertengerechte Arbeitsplatzanforderungen und wachsende Komplexität, Digitalisierung und Mobilität, die Hindernisse darstellen. Aktuell gibt es wenig Wahlmöglichkeiten und wenig geeignete Ausbildungs- und Arbeitsangebote für Menschen mit Beeinträchtigung oder Behinderung. Werkstätten für behinderte Menschen bieten oft keine Chance auf einen zertifizierten Berufsabschluss. Durch die Teilnahme an einer Rehabilitanden-Ausbildung oder die Arbeit in Werkstätten für behinderte Menschen sind die Teilnehmenden sozial und fachlich eingeschränkt.

Kernziel des Projektes „IKKE – Bildungs- und Barrierefreiheit durch Digitalisierungsinstrumente in der beruflichen Ausbildung“ ist die Entwicklung und Beforschung einer innovativen, digitalen Lehr- und Lern-Umgebung für die berufliche Bildung. Durch funktionsfähige, modularisierte digitale Lehr- und Lern-Werkzeuge für den Berufsbereich Küche sollen junge Menschen mit und ohne Behinderung oder Beeinträchtigung (MmB) in die Lage versetzt werden, selbstbestimmt und selbstkontrolliert gemeinsam an allen Orten der beruflichen Bildung flexibel, orts- und zeitunabhängig systematisiert miteinander und voneinander zu lernen.

Das Projekt fand als Kooperation zwischen den Verbundpartnern BBZ Berufsbildungszentrum Prignitz GmbH, Oberstufenzentrum Prignitz des Landkreises Prignitz (OSZ), Lebenshilfe Prignitz e.V. und der Hochschule Magdeburg-Stendal statt. Der Verbund ermöglicht die aktive Einbindung der relevanten Zielgruppen Auszubildende zum Koch/ zur Köchin, Auszubildende zum/zur Fachpraktiker*in Küche und Menschen mit Behinderung oder Beeinträchtigung aus dem Arbeitsbereich und aus dem Berufsbildungsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM). An der Hochschule Magdeburg-Stendal waren die beiden Fachbereiche Angewandte Humanwissenschaften und Wirtschaft an dem Projekt beteiligt und übernahmen die Konzeption, Erprobung, Umsetzung und Evaluation der inklusiven, digitalen Lernunterstützung.

Ergebnisse

Aus den Projektergebnissen lassen sich zehn zentrale Gelingensbedingungen für weitere Projekte und entsprechende Ziele ableiten. Diese Bedingungen können bei Nichtbeachtung Störfaktoren, bei Beachtung und Umsetzung Förderfaktoren ergeben und stellen aus dem IKKE-Projekt abgeleitete übergreifende Ergebnisse dar (mit NN ist das jeweilige Berufsbild adressiert, im IKKE-Projekt war es das des Kochs/der Köchin). Für die entsprechende Projektarbeit sollten diese zentralen Ergebnisse von allen Verbundpartnern thematisiert und im besten Falle umgesetzt werden.

1. Intensiver Einbezug des Personals der Verbundpartner in die Projektplanung und -umsetzung (partizipativer Ansatz).

2. Intensiver Einbezug aller Zielgruppen (NN-Auszubildende, Fachpraktiker*in-Auszubildende und Menschen mit Behinderung) in die Projektplanung und -umsetzung (partizipativer Ansatz).

3. Aufklärungs- und Diskussionsrunden für das Personal aller Verbundpartner.

4. Einbezug potenzieller Betriebe in das Projektvorhaben durch Gespräche und Besuche.

5. Anerkannte Modularisierung der Ausbildungen und anerkannte Teilqualifizierungen (Quali-Bausteine).

6. Anpassung und Optimierung struktureller Aspekte wie Technik, Räumlichkeiten und WLAN-Ausbau.

7. Inklusiver Unterricht angepasst an die jeweiligen individuellen Fertigkeiten und Fähigkeiten durch Bezugnahme von speziellen Materialien (Barrierefreiheit) und durch personelle Unterstützung.

8. Einbezug aller Beteiligten der Ausbildung (auch aller Lehrkräfte) durch entsprechende Schulungen, vor allem zu den Themenbereichen Inklusion, Technik und Didaktik.

9. Abbau von Vorurteilen und Ängsten beim Personal und auch bei den Auszubildenden und Mitarbeiter*innen durch gemeinsames Kennenlernen, Workshops und gegenseitige Besuche.

10. Projektarbeit nach der Devise „Probieren und bei Bedarf Anpassung“, um nicht im Vorhinein bestimmte Methoden oder Möglichkeiten auszuschließen.

Aus den zentralen Gelingensbedingungen lassen sich übersichtsartig folgende relevante Handlungsempfehlungen ableiten:

Motivation fördern durch:

selbstorganisiertes Lernen

Berücksichtigung von Vorwissen, unterschiedliche Schwierigkeitsgrade zur Verfügung stellen

Digitalisierung unterstützen durch:

Aufklärung der Teilnehmenden über Gefahren der digitalen Welt

Schulung aller Teilnehmenden bzgl. Technik und Programmen

Aufbau digitaler Infrastruktur (z.B. könnten Projektpartner, wie Werkstätten, ebenfalls mit Tablets ausgestattet werden; Tablets, die von Teilnehmenden mit nach Hause genommen werden können → für mehr orts- und zeitunabhängiges Lernen)

inklusives Miteinander stärken durch:

Feedback Kultur schaffen → Umgang mit Kritik lernen

Gemeinschaftsgefühl stärken durch NN-Workshops (oder andere Workshops, in denen kooperatives Lernen zum Einsatz kommt), da positive wechselseitige Abhängigkeit, die bei kooperativem Lernen stattfindet, eine sozial-integrative Wirkung entfaltet (Borsch, 2018)

Tutor*innen/ Mentor*innen ausbilden und einsetzen als unabhängige Ansprechpartner*innen bei Ausgrenzungserfahrungen

Verbundpartner*innen

  • BBZ Berufsbildungszentrum Prignitz
  • Hochschule Madeburg – Stendal
  • Lebenshilfe Prignitz e.V.
  • Oberstufenzentrum Prignitz

Fördermittelgebende

  • Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
  • Europäischen Sozialfond (ESF)
  • Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR)

Galerie

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Ein Projekt von

Fachgruppe

Interdisziplinär

Art des Projekts

Forschungsprojekt

Entstehungszeitraum

SoSe 18 – WiSe 21 / 22